„Wir genießen den Moment“
Warstein – Spitzenspiel stand drauf, Spitzenspiel war drin – zumindest, was die Spannung betrifft. „Spielerisch haben beide Mannschaften vielleicht ein, zwei Fehler zu viel gemacht“, sah der sportliche Leiter des VfS Warstein, Benedikt Furmaniak, ein Duell auf Augenhöhe, das „seine“ Warsteiner etwas glücklich, aber nicht unverdient mit 24:23 für sich entschieden. Die Kaseric-Truppe ist mit nunmehr 12:0 Punkten alleiniger, verlustpunktfreier Tabellenführer der Bezirksliga. Der geschlagene TV Brechten, mit 8:2 Zählern wohl weiter ärgster Warsteiner Verfolger, kündigte direkt nach der Schlusssirene Revanche fürs Rückspiel an. Auch das verspricht - Mitte März am fünftletzten Spieltag der Saison - ein heißer Ritt zu werden.
Bezirksliga Mitte: VfS 59 Warstein - TV Brechten 24:23 (12:12).
Eine mit 330 Zuschauern voll besetzte Dreifachturnhalle: Ein Fan-Aufkommen, das man beim Handball in Warstein eigentlich nur vom prestigeträchtigen Derby gegen den TV Arnsberg kennt. Umso mehr freuten sich die Verantwortlichen des VfS über diesen außerplanmäßigen „Zahltag“ gegen Gäste aus Dortmund.
Sportlich unterstrichen beide Mannschaften, warum sie die zwei besten der Bezirksliga sind. Warstein erspielte sich durch Tore von Nils Schmidt und Lars Schmidt (2) eine 3:0-Führung, traf zudem durch Schröder und Hoeck Aluminium. Für seinen ersten Treffer brauchte der Gast aus Brechten exakt acht Minuten und elf Sekunden. Jonas Wagner verkürzte. Danach lieferten sich beide Teams einen Kampf auf Biegen und Brechen.
In der 18. Minute prallte Simon Kraus bei einem vergebenen Tempogegenstoß unglücklich mit dem Pfosten zusammen (18.). Der Linkshänder konnte aber weitermachen.
Erstmals in Führung ging Brechten in Minute 21, als Luca Dreyer zum 6:7 traf. Per Einläufer gelang Joel Krischer in Unterzahl der 9:9-Ausgleich (26.). Philip Schröder holte für Warstein mit seinen Toren zum 11:10 und 12:11 die Führung zurück. Marcel Vogler konterte zum 12:12, ehe Simon Kraus mit der letzten Aktion des ersten Durchgangs am starken Gästekeeper Felix Meyer scheiterte.
Die zweite Halbzeit begann mit einem verworfenen Siebenmeter der Brechtener durch Nils Schendekehl. Es folgten bärenstarke vier Minuten von Warsteins Joel Krischer, der in der Phase aus allen Lagen warf. Damit brachte er seine Farben mit 15:12 in Führung (35.). In der Folge schaffte es die Heimmannschaft aber nicht, sich weiter abzusetzen. Nach seiner Einwechslung gelang Julius Rüther mit seiner allerersten Aktion zwar das 16:14 (42.), Brechten ließ sich aber nicht abschütteln.
Glück hatte Nils Schmidt bei einer unglücklichen Abwehraktion gegen Lennart Schulenburg, nicht vorzeitig unter die Dusche zu müssen (48.). Brechtens Fans forderten jedenfalls vehement die rote Karte gegen den Warsteiner. Die sah dann Philip Schröder mit seiner dritten Zeitstrafe (54.).
Joel Krischer gelang dennoch das 22:20, Julius Rüther von Rechtsaußen gar das 23:20 (56.). Da sollte doch eigentlich nichts mehr schiefgehen, oder? Luca Dreyer und Marcel Vogler verkürzten für Brechten auf 23:22. Noch waren 32 Sekunden auf der Uhr. Alles klar machte dann Julius Rüther mit dem 24:22 15 Sekunden vor dem Ende. Dreyers erneuter Anschlusstreffer kam zu spät.
Warstein hatte mit einem ganz starken Niklas Schmidt im Tor und einer herausragenden Deckungsarbeit seine Tabellenführung verdientermaßen ausgebaut.
Trainerstimmen
Zoran Kaseric (Trainer VfS 59 Warstein): „Es waren schon die beiden besten Mannschaften bisher, auch von den Abwehrreihen und den Torhüterleistungen her. Wir wussten, dass das Spiel trotz zwischenzeitlicher Führung nicht entschieden ist, weil der Gegner über eine breit besetzte Bank verfügt. Wir haben viele Zeitstrafen kassiert, in den Phasen vorne aber trotzdem gut getroffen. Sicherlich gehörte auch ein bisschen Glück dazu. Wir genießen den Moment. Aber es ist nichts entschieden mit Blick auf die Tabelle. Im Rückspiel wird es ganz, ganz hart. Das wissen wir.“
Dominic Büttner (Betreuer TV Brechten): „Gute Halle, schönes Spiel: Bezirksliga – mehr kannst du nicht haben! Leistungstechnisch haben beide Mannschaften Landesliga-Niveau. Uns hat heute das Harz gefehlt. Dennoch war es wichtig am Ende, dass wir dranbleiben. Das Rückspiel kommt. Die Saison ist lang. Ich denke, dass das Rückspiel die Entscheidung bringen wird. Dann werden die Karten neu gemischt. Jetzt müssen wir aber erstmal unsere Hausaufgaben machen. Jetzt hat Warstein die bessere Ausgangsposition. Aber alles gut.“
Statistik
Torfolge: 3:0 (7.), 3:1 (8.), 5:2 (13.), 5:5 (16.), 6:7 (21.), 9:9 (26.), 11:10 (28.), 12:12 (30.); 15:12 (35.), 16:14 (42.), 20:17 (47.), 21:18 (49.), 21:20 (53.), 23:20 (56.), 24:23 (60.).
Siebenmeter: VfS 0, TVB 3/5. - Zeitstrafen: VfS 8, TVB 3.
Rote Karte: Philip Schröder (Warstein, dreimalige Zeitstrafe/54.).
Schiedsrichter: Karberg/Bertholdt (Dortmund).
Zuschauer: 330 (ausverkauft).
VfS: Niklas Schmidt, Stollberg (n.e.) im Tor; J. Schmidt, L. Schmidt (4), Krischer (8), Kraus (1), J. Rüther (4), Luca, Hoeck, Schröder (4), Clewing, Nils Schmidt (3), Bornemann.
TV: Meyer, Kamener (n.e.) im Tor; Schendekehl (3/2), Tast (1), Zimmer, Vogler (7/1), Dreyer (5), Gerlach (1), Schulenburg (1), Ridder, Wagner (2), Thedieck, Walkenhorst (1), Weber (2).
Stimmen zum Spiel
Julius Rüther, vierfacher Torschütze für den VfS 59 Warstein nach seiner Einwechslung in der 41. Minute: „Auf der Mitte haben wir, was das Körperliche betrifft, deutlich stärkere Spieler. Von daher war es auf Rechtsaußen vielleicht doch die richtige Position für mich, um nach langer Verletzungspause wieder reinzukommen. Es war ja erst mein drittes Spiel. Bei den ersten beiden Toren weiß ich selber nicht genau, wie sie reingehen. Wir hatten einen super Torhüter heute.“
Florian Hoeck, Kapitän VfS 59 Warstein: „Für uns war es heute doppelt schwer, weil wir gefühlt 45 Minuten in Unterzahl gespielt haben. Es war der Kampf, den wir erwartet haben. Wir haben den Punkt nicht geschafft, dass wir mal auf vier Tore wegziehen können. Wir müssen das Rückspiel auch gewinnen und dürfen uns vorher keinen Fehler erlauben. Eigentlich ist das 24:23 fast schon zu wenig.“
Ulrich Becker, Vorsitzender Vereinsentwicklung VfS Warstein: „Die Bude war voll. Es war angekündigt, dass Brechten mit einem Bus kommen wird. Wenn wir noch ein paar Mal mehr in Unterzahl gewesen wären, hätten wir das Spiel haushoch gewonnen. (lacht, Anm. d. Red.) Immer wenn wir in Unterzahl waren, haben wir das beste Spiel gemacht. Das wird ein hartes Rückspiel. Aber jetzt haben wir erstmal die Punkte eingefahren.“
Benedikt Furmaniak, Sportlicher Leiter mit Boban Ristovic beim VfS: „Erstmal freuen wir uns, dass wir so viele Leute heute mobilisieren konnten. Das war auch für mich schon ein bisschen überraschend. Unterm Strich glaube ich schon, dass wir ein paar weniger Fehler als der Gegner gemacht haben und deshalb auch das Spiel gewonnen haben. Beide Mannschaften waren auf Augenhöhe. Es ist für uns als Mannschaft auch ganz gut, wenn du weißt, da sitzt dir eine andere Mannschaft im Nacken, die auf Tuchfühlung ist und du dir keine Fehler erlauben darfst. Das erhöht den Druck und die Spannung, weiterhin dieses Level zu fahren. Unser Ziel ist, bis Weihnachten verlustpunktfrei zu bleiben.“
Soester Anzeiger, 18.11.2024, Text + Fotos: Thorsten Henke
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